Vom doppelten Musenkuss

Mit dieser Geschichte bewarb ich mich 1999 um meinen aktuellen Job.

 

 

Es waren einmal zwei Musen, die gleich­­­zei­tig be­schlos­­sen, ein und das­­selbe kleine Mädchen zu küssen, welches sich da­­raufhin gar nicht zwischen seinen beiden Bega­bungen entscheiden konnte. Mal drängte ihr Tem­pera­ment sie auf die Bühne, und sie wollte eine be­rühm­te Prima­­­­ballerina wer­den, mal saß sie stundenlang in sich ge­kehrt an ihrem Schreib­­­­tisch und malte. Als sie älter wurde und ihr Po viel zu groß für eine Ballerina, fing sie an, über ihren zukünftigen Beruf nachzudenken.

Einmal, an Silvester, als sie zwölf war, bemalte der französische Gast ihrer Eltern gemeinsam mit ihr die Papiertischdecke, die ganze Nacht lang. Als sie erfuhr, daß er damit seine Familie ernährte, wusste sie was sie werden wollte. Das war ein Jahr vor Erscheinen des ersten Mac. Zielstrebig ersparte sie sich (und ihren Lehrern) das dreizehnte Schul­­jahr, und machte ein Fachabi­tur für Gestaltung, womit ihrem Kom­munika­tions­­de­sign-Studium nichts mehr im Wege stand... oder doch?


Was war aus dem Getanze geworden? Sie hatte nie damit auf­gehört, denn da war ja noch der Kuss der zweiten Muse...

 

Mit der Zeit hatte sie sich, stets auf der Suche, durch fast alle Tanzarten probiert... und plötzlich, fast zeitgleich mit ihrem Schul­abschluß, schlug das Schicksal zu. Es traf sie wie ein Keulenschlag, ihr Herz stand in Flammen, endlich fand sie ihre wahre Bestimmung. Der Flamenco war in ihr Leben ge­treten und machte sich so breit, daß für anderes kaum noch Platz blieb. Fortan studierte sie zweigleisig und reiste viel, meist im Dienste des Tanzes. Um den Computer machte sie vorerst einen Bogen. Schliesslich hatte sie noch einen persön­lichen Schick­sals­schlag zu überwinden, bevor sie mit einiger Verspätung endlich ihr Studium abschloss. Nun war sie diplomierte Grafik-Designerin und ne­­ben­bei außerdem eine Flamen­co-Diva geworden.


Anstatt sofort anzufangen, als Grafikerin zu arbeiten, heiratete sie erst einmal auf höchst aben­teuer­liche Weise ihren Ägypter. Danach fand sie einen schönen Job für ein tolles Produkt, mit sehr netten Kollegen und einem österreichischen Chef. So ging alles seinen Gang, sie war ausgelastet, lernte einiges dazu und das hätte immer so weiter gehen können... Doch an ihrem achtundzwanzigsten Geburtstag fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Sie wollte mehr! Also machte sie sich auf, neue Herausforder­ungen zu suchen...

 

 

 

 

 

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