Millenium-Talk

Frei Schnauze

Meistens fällt die Betreuung von Praktikanten in der Agentur mir zu. Manchmal "oute" ich mich. So war das 2000 bei Simone. Sie war so fasziniert von meinem Balanceakt als bipolare Arbeitnehmerin, dass sie mich für eine Semesterarbeit interviewte, fotografierte und ein Büchlein gestaltete. Hier der O-Ton der hypomanischen und geschmeichelten Praktikantenbetreuerin.

 

 

Interview mit Nathalie Wiegand, geboren am 14. Mai 1971
(Grafikdesignerin, Flamencotänzerin, Manisch-Depressiv)


Was ist dir Wichtig?
Ausgeglichenheit, innere Ausgeglichenheit und Balance, sprich: meine Gesundheit. Überleben und selbst, wenn ich das nicht hätte, aber in meiner Situation natürlich nochmal gleich doppelt und dreifach. Gute verlässliche, herzliche, liebevolle, intensive und menschliche Bindung und die hab' ich. Und als Manisch-Depressive ist es nochmal nötiger, brauche ich das nochmal dringender. Aber im Grunde braucht jeder Mensch verlässliche Beziehungen und Liebe und Freunde und Familie und dieses Sicherheitsnetz oder diese Kuschelhöhle, Rückzug oder eine Heimat.

Welche Menschen sind dir besonders wichtig?

Der Mensch, mit dem ich zusammenlebe, mein Mann, würde ich mal sagen. Aber noch sichereren, dauerhafteren Halt geben mir auf jeden Fall meine Eltern, weil die schon immer da sind und so lange bis sie sterben immer für mich da sein werden… und zwar ideal, in jeder Weise.

Und wie ist das Verhältnis zu deiner Schwester?
Ja, die kommt danach, kommt manchmal vor meinen Freundinnen und manchmal nach meinen Freundinnen. Durch unsere Verwandschaft und unsere Kindheit und unser gemeinsames Aufwachsen, steht sie mir natürlich nochmal ganz anders nahe, als meine Freundinnen. Wenn wir uns treffen haben wir oft nicht sofort den super Draht zueinander, wie sie zu ihren Freundinnen oder ich zu meinen. Wir brauchen da ein bißchen länger. Aber sie steht auch hundertprozentig zu mir, hinter mir und ist immer für mich da.

Wenn es dir schlecht geht, suchst du dann den Kontakt zu anderen Menschen, oder ziehst du dich zurück?
… Also ich brauche den Kontakt im Prinzip unbedingt und sofort, aber nicht aufdringlich. Dennoch ziehe ich mich dann schon oft zurück und diejenigen, die mich schon kennen und die das wissen und die damit umgehen können, die wissen, das ich nicht wirklich meine Ruhe haben will. Die schaffen auch irgendwie die Balance, jetzt nicht aufdringlich zu sein oder mich zu nerven und mich trotzdem in Ruhe zu lassen. Also diesen Drahtseilakt zwischen beidem, das schaffen die und genau das brauche ich. Also allzusehr in Ruhe lassen dürfte man mich auch nicht, denn es gab eine Zeit in meinem Leben, die aller schlimmste, die habe ich nur überlebt, weil man mich nicht in Ruhe gelassen hat. Obwohl es das war, was ich damals glaubte mir am meisten zu wünschen.

Was sind deine Ängste?

Zu verlieren, was ich habe, denn ich bin sehr reich, und ich liebe es so, ich will das es so bleibt. Mit meinem Reichtum meine ich meine Menschen, meine Ideen, meine Erkenntnisse und meine Entwicklungsfortschritte, der Verlust von einen von denen wäre Kraß!… Weiß ich nicht, ob ich das überleben würde.
Also ich habe nicht nur davor Angst, daß einer stirbt oder mich verläßt, sondern ich habe auch vor meiner Reaktion dadrauf Angst. Ich weiß aus der Vergangenheit und aus der Erfahrung und aus dem lesen, über das was ich da hab, daß wenn ich reagiere auf irgendetwas es unter Umständen nochmal potenziert ist und wenn jemand normalerweise fertig ist, weil jemand stirbt oder ihn verläßt, dann kann man sich ausmalen, was ich dann bin, oder sein könnte. Das kickt mich wieder in einen sehr unliebsamen Zustand. Ich habe vor weiteren schlimmen ungebändigten Auswüchsen meiner “Zweipoligen Unordnung”- (“Bipolar Disorder”) Angst, bzw. vor der Beeinträchtigung, die solche Auswüchse auf mein Leben haben könnten, was schön geordnet ist, was ich mir selber mit ganz viel Arbeit und Mühe, auch aus dem Sumpf heraus, so aufgebaut habe und was ich so behalten will.

Vor Zeitverschwendung, Vergessen und Ver­sumpfen und immer wieder von vorne An­fangen müssen, habe ich auch Angst. Und ich habe davor Angst, mein Potenzial brach liegen zu lassen und nicht mit der Intensität zu leben, wie ich es könnte oder müßte.

Gibt es irgendwelche positiven Seiten an deiner Krankheit, im Sinne von gewissen Einsichten?
Absolut! Das wirklich gute daran, das ich manisch-depressiv bin ist, das ich jetzt bewußter lebe, denn je zuvor und vielleicht hätte ich niemals angefangen so bewußt zu leben, wenn ich das nicht gehabt hätte. Das ist wie bei allen Menschen, die entweder dem Tod ins Auge geblickt haben oder eine krasse Krankheit haben.

Gab es da ein ganz bestimmtes “Schlüsselerlebnis”?
… Nee, immer wieder. Ich bin dankbarer geworden und setze mich mehr mit mir auseinander. Ich kann’s mir garnicht leisten mich nicht zu beobachten oder mir irgentwas über einen langen Zeitraum einfach durchgehen zu lassen... Je tiefer die Tiefen, desto höher die Höhen! Ich habe natürlich ganz viel kennengelernt. Der Preis ist unter Umständen hoch, aber was ich kennenlernen durfte ist so schön, daß ich froh bin und es nicht missen will.

Ich habe extrem schön die Liebe erfahren,… doch ein “Schlüsselerlebnis” gibt’s. Als ich über ein halbes Jahr super depressiv war und jeden Tag nur noch sterben wollte und meine Eltern das am Ende auch wußten und wahrscheinlich noch mehr als ich darunter gelitten haben. Und ich dann an einem bestimmten Umschwungtag, es war glaube ich der 18. März 1994, gemerkt habe…”Ich will nicht mehr sterben!” Und nachhause gekommen bin und niemanden gefunden habe, habe ich ein großes Poster gemalt, wo drauf steht:”Hurra, endlich ist es soweit, ich will nicht mehr sterben!” Din A1! Und das habe ich hingelegt und gerade mit meinem Onkel telefoniert, da kam mein Papa die Tür rein, liest das Poster und reißt mich von dem Hörer weg in den Arm und drückt mich, daß es mir die Luft raubt. Weint und drückt mich und sagt: ”Mein Kind, mein Kind, mein Kind ich habe es doch immer gewußt!” – Das vergesse ich nie! So einen schönen Vatermoment, so, so, so eine fette Liebeswoge erfährt vielleicht nicht jeder.

Du redest sehr offen über Deine Krankheit, hat das einen bestimmten Grund?

Mehrere, zum einen missionarischer Eifer, ich würde auch  gerne anderen helfen anderen, die entweder in der gleichen Lage sind, wie ich oder die es mit Menschen in  ähnlicher Lage zu tun kriegen. oder auch Menschen mit großen Ängsten und Hemmschwellen, solchen wie mir gegenüber um die abzubauen. Zum anderen auch um meiner Selbst Willen, um mich selbst zu schützen denn für mich fühlt es sich besser an, wenn alle Menschen, die unmittelbar mit mir was zu tun haben, einschließlich Arbeitgeber und Kollegen wissen was es mit mir auf sich hat. Ich verheimliche auch ungern, im Gegenteil ich erzähle es gerne jedem, das ich in der Klapse war, nicht etwa weil ich da stolz drauf bin, aber weil ich so wahrschinlich besser damit umgehen kann und ich dan halt keine dunklen Geheimnisse mehr habe und keine Leichen im Schrank und dadurch alles kristallklar und durchsichtig wird. Ich erzähle gegen die Scham. Unter Umständen, ohne jetzt unbedingt überall eine Entschuldigung vorweg zu nehmen, aber unter Umständen wird ja dardurch manchmal auch mein Verhalten verständlicher und wenn ich dardurch Verständnis und Entgegenkommen einfordere habe ich ja was davon, ich habe auch nur gute Erfahrungen bis jetzt damit gemacht. Manchmal habe ich einen großen Outing-Wahn, manchmal bin ich auch lieber einfach für mich, manchmal hängt es mir schon alles so zum Hals heraus und fühlt sich so der Vergangenheit zugehörig an, als hätte ich es längst alles hinter mir gelassen und denke da könnte man jetzt auch die Tür zu machen.

Mich selbst gefährde ich damit nicht, weil ich glaube trotz allem sehr genau zu wissen was ich tue, und warum ich was tue. Wie gesagt, mir hilft es und es ist ein Irrglaube anzunehmen, da ein Tabu drauß machen zu müssen. Ich würde auch gerne noch mehr anderen Menschen helfen. Also wer glaubt es wäre gefährlich und unzumutbar, oder nicht zu riskieren mich mit irgentwelchen Fragen meiner dipolaren-Unordnung gegenüber zu konfrontieren, der ist extrem auf dem Holzweg. Es tut mir sehr gut darüber zu sprechen. Wenn ich schwul wäre wäre ich auch der erste, der das laut auf der Straße herumschreit, wenn ich lesbisch wäre genauso, wenn ich Aids hätte wäre das auch so, also ich wäre immer die, die sofort rausschreit was mit ihr los ist. Um sich selbst und anderen damit zu helfen.

Was ist Dein größter Traum?
Ich kann dir eine angenehme phantasievorstellung meiner Zukunft beschreiben: “Ich werde Dank meines strukturierten, und kontrolliert umgesetzten manischen Potenzials und meiner davon unabhängiger Talente automatisch, quasi als Nebeneffekt, reich und berühmt und führe das tollste und ausgefüllteste Leben, was es gibt.” Also, eigentlich alles wie jetzt, nur unter Umständen in größeren und freieren Dimensionen, noch näher an mir selbst und ohne Kleinlichkeiten und vorallem ohne scheiß Geldknappheit. Zusätzlich werde ich mein Fehlverhalten eingetauscht haben, gegen ein für mich und meine Mitmenschen bereicherndes Verhalten und ausgeglichen leben, so daß kein Bereich zu kurz kommt. Und ich werde natürlich wieder schlank (lacht) und schön.

Fehlverhalten?

Also, wenn ich mich von Außen betrachte, möcht ich mit meinem Mann nicht tauschen. Ich möchte mit mir nicht verheiratet sein. Ent­weder ich fahre ganz kraß ab und bin die Größte oder ich gebe extrem viel Geld aus und tu, als hätte ich einen Geldscheißer im Keller und habe vergessen, das ich keinen habe. Oder es ist überhauptnichts mit mir anzufangen und ich halte mich für das blödeste Würstchen oder ich bin regelmäßig von irgentwelchen Zwangs­ideen besessen und davon absolut nicht abzubringen und wenn das einer versucht, reagiere ich bockig, unleidlich und unerträglich und das be­zeichne ich als Fehlverhalten. Da will ich mit niemandem tauschen, der es mit mir zu tun hat.

Magst Du Dich selbst, findest Du Dich hübsch?
Zwischen Innen und Außen besteht da im Moment eine große Diskrepanz. Grundsätzlich mag ich mich sehr, das rettet mich auch oft, deswegen kann ich mich nicht aufgeben. Manchmal mag ich mich zu sehr und halte mich für den Nabel der Welt, ich liebe mich auch in der Rolle der Diva und genieße sie sehr. Mein Gehirn liebe ich auch sehr, auf der anderen Seite, bin ich auch, was diese innerlichen Geschichten angeht, sehr hart mit mir und das ist im Moment das, wo ich am meisten dran arbeiten will, weil ich das erkannt habe, das ich zu hart und zu ungnädig mit mir ins Gericht gehen kann. Entweder ich hatte gerade eine Abfahrt nach oben und bin wieder unten und spucke auf mich wie ich da war und gedacht habe ich bin die Größte und alles mögliche vorhatte und nichts verwirklicht habe. Oder ich hatte gerade einen Ausrutscher nach unten und bin da wieder raus und spuck auch anschließend auf mich, und diese Würstchen-Gedanken und auf meine Minderwertigkeitsgefühle und darauf, das ich mir nichts zugetraut habe und nichts auf die Reihe kriege. Also, dieses harte Ungnädigsein, steht im Kontrast zu dem, das ich mich eigentlich gut leiden kann.


Äußerlich, fand ich mal, das ich die wunderschönste bin, ich glaub ich war es auch, das Feedback gab’s. Und jetzt bin ich paar Jahre älter und gute 30 Kilo dicker und das ist unter Umständen hart und wenn es zu hart ist, esse ich noch eine Schoki. Ich kann nichts modernes bei “Hasi&Mausi” für normale Girlis kaufen, ich muß immer zu “Big is beautiful”, weil es das ist, was ich mir gerade noch leisten kann.

Was sind Deine Stärken?

Ich bin überhauptnicht nachtragend. Ich habe ein riesen großes Herz. Ich bin sehr interessiert an Menschen und meiner umwelt. Wie gesagt, ich bin sehr selbstbewußt im Sinne von: “Ich mache mir meistens bewußt, wer ich bin, was ich tue und ich reflektiere.”

Deine größte Schwäche?
Schoki fressen! Freßsucht, Suchtverhalten, Bessesenheit, mein Mann…
Ich habe noch mehr Schwächen: Wut, Zorn, Rastlosigkeit, Nervosität, Egoismus und Maßlosigkeit.

Was haßt Du?

Also, ich hasse Ungerechtigkeit, Ablehnung, Fesseln jeder Art, Einschränkung, unzuverlässigkeit, Ignoranz, Unaufrichtigkeit, zuviel ängstliche Fürsorge, Zeitmangel, Chaos und Geldstreß. Von all den Dingen hasse ich am meisten Ungerechtigkeit und Freiheitsbe­schnei­dung.

Was ist für dich Freiheit?
Freiheitsbeschneidung, ist mir unter anderem auch in der Klapse passiert im Frühjahr 1994, da wird man ja eindeutig in seiner persönlichen Freiheit beschnitten, das ist einfach wie im Gefängnis. So zwischen Gefängnis und Jugendherberge und man wird als erwachsener Mensch wie ein Kleinkind behandelt und einem wird alles haargenau vorgeschrieben, wann man ißt, was man ißt, das man überhaupt ißt. Ob man raus geht, wann man raus geht, wie lange man raus geht.

Feste Angestellten-Verhältnisse sind für mich in sofern auch schwierig, wenn ich nicht frei genug arbeiten kann. Früher waren für mich auch feste Beziehungen schwierig. bei meinem Man ist das anders geworden. mit ihm genieße ich das jetzt und wir lassen uns auch, glaube ich, genug Freiheit. Ich muß mich frei fühlen und mich bewegen können und atmen können. Ungerechtigkeit hasse ich auch, wenn mir einer quer kommt oder mir für irgendetwas einen Vorwurf macht, wofür ich überhauptnichts kann, sehe ich rot, da könnte ich richtig an die Decke gehen.

Du willst an die Gerechtigkeit glauben, an was glaubst Du noch?
Ich glaube an die Liebe!

Glaubst Du an Gott?

Grundsätzlich ja, wenn ich manisch bin, ist er gleich mein bester Freund und sitzt grundsätzlich immer genau neben mir und spricht auch mit mir. Ich kann auch mit ihm sprechen. Da sind wir ganz dick und sitzen auf einer Wolke.
Wenn ich nüchtern, neutral, normal einigermaßen geregelt bei mir bin, dann glaube ich auf jeden Fall an Schicksal und höhere Mächte und Energien, die man nicht sehen kann und greifen kann und auch an die positive Wirkung vom Gebet. Da würde ich jetzt auch garnicht so weit gehen, das zu hinterfragen, weil diese tröstliche Wirkung zu stark ist.

Glaubst Du an ein Leben nach dem Tod?

Ja, unbedingt! Das hat mir schonmal das Leben gerettet, weil ich mit meiner damaligen Mitbewohnerin immer drüber gesprochen habe, das die Lebenden die Sterbenden auch festhalten können und nicht gehen lassen und die Seele keinen Frieden findet und auch über das Karma von Selstmördern, was mit denen dann im nächsten Leben passieren könnte. Ich glaube schon an die Reinkarnation, fühlt sich gut an für mich. Und das Leben hat sie mir gerettet, weil sie mir immer gedroht hat, “Bring Dich doch um, ich laß dich nicht los. wirst schon sehen, was Du davon hast. Du wirst keinen Spaß haben. Du wirst keine Erleichterung erfahren. Ich werde dafür schon sorgen.” Das hat in meinem kranken, besessenen Hirn sehr gewirkt. Gott sei Dank!

Was bedeutet dir das Tanzen, der Flamenco?

Sehr viel. Es ist ein Ventil und zwar ist es eigentlich genauso wie Grafikdesign. beides sind ja künstlerische Ausdrucksformen. Das eine geht mehr nach innen, da kann ich mich besinnen und meditieren und das Tanzen
brauche ich als Gegenpol, weil ich da nach Außen gehen kann und wirklich alles raus lassen kann. das ist auch gefragt. Zum einen bin ich, seit dem ich weiß was ich hab und das auch so richtig intensiv erlebe, die viel bessere Flamencotänzerin geworden, weil ich ohne irgendeine Droge nehmen zu müssen, das gesamte gefühlsspektrum komplett ausgereizt habe und ich kenne und deshalb auch darstellen kann und ganz lebendig und authentisch darstellen kann, das ist ja im Flamenco gefragt. Und zum anderen ist der Flamenco das beste, was mir passieren konnte. Er ist meine Therapie, mein Ventil, mein Allheilmittel, das mich erdet. Speziell der Flamenco, es dürfte kein anderer Tanz sein, nichts paßt da so perfekt auf mich, zu mir und hilft so wie speziell jetzt der Flamenco, in seiner Eigenheit.

Wie bist Du zum Flamenco gekommen? 

Diese Frage liebe ich, dafür habe ich eine vorgefertigte Antwort. Das sage ich auch gerne allen Reportern und allen Journalisten, die mich als Flamencodiva interviewen. Ich bin nicht zum Flamenco gekommen. Der Flamenco ist zu mir gekommen. Das ist mein persönliches Schicksal. Also, ich tanze, seit ich laufen kann. Warum das jetzt so ist, weiß ich wirklich nicht. Vielleicht auch schon früher. Ich habe meine Mutter auch schon immer sehr geboxt im Bauch und dann habe ich ganz brav Ballett und alles mögliche, was es da noch so gibt, getanzt und nach dem ultimativen ge­sucht und traf dann mit 16 den Flamenco, und wußte dann, genau hier ist mein zuhause. Das ich so eine gute Flamencotänzerin bin bestätigt das ja nur.

Mittlerweile gibst Du doch auch Unterricht?
Ich konnte ungefähr drei Schritte und wollte die, in meinem jugendlichen Leichtsinn sofort allen weiteren Leuten beibringen. Dieser jugendliche Leichtsinn hat sich perfekt gepaart mit meinem jugendlichen Geschäftssinn. Wenn ich schon so viel Geld für den Flamenco ausgebe, möchte ich es auch wieder reinholen. Das ist mir bis heute gut gelungen.

Haut das zeitlich hin?

Jetzt leider nur noch sehr schwer. Da haben sich die Gewichte etwas verschoben. Während meines Studiums und auch nach meinem Diplom noch, gab es Zeiten, da war ich zu 90% Flamencotänzerin und zu 10% Grafikdesignerin. diese Tatsache hat mich auch aufgefangen, als ich von der Klappse wieder Heim kam, nach nur 6 Wochen und dann wieder gleich was zu tun hatte. Jetzt bin ich zu 90% Grafikdesignerin und zu 10% Flamencotänzerin. Aber was ich sicher weiß ist, daß es mich niemals verlassen wird und zu mir gehört, bis ich die Radieschen von unten sehe.

Wieviel Zeit bleibt da für Deinen Mann?

Nicht wirklich genug. Ich bedauere es. Er beschwert sich schon gar nicht mehr. Ich selbst bedauer es. Wir haben beide wenig Zeit für einander. Das ist doof.

Wollt ihr irgendwann mal Kinder haben?

(hysterisches Lachen) Ja, auf jeden Fall, er ist ja Ägypter. Die werden ja praktisch mit Kinderwunsch geboren. Dafür ist er recht fortschrittlich. Wir haben uns jetzt auf einen Hund geeinigt. Kinder ansich finde ich super. Ich habe ja auch lange Babygesittet. Ich für meinen Teil habe natürlich aus verschiedenen Gründen auch Angst Kinder zu kriegen oder verschiedene Sachen würden für mich dagegen Sprechen. Jetzt mal meine Krankheit außen vorgelassen. Ich würde liebend gerne Kinder kriegen, wie Madonna mit 40 reich und berühmt. Das ist mein Traum. Und wenn man natürlich nicht reich und berühmt ist, Harald Juhnke ist auch manisch-Depressiv, aber der ist reich und berühmt, der kann sich das also leisten inklusive seiner Alkoholexzesse, und landet doch nicht unter der Brücke und seine Kinder werden das auch nicht. Solange ich noch nicht reich und berühmt bin, wiegt das natürlich um so schwerer daß die Mutter manisch-depressiv und entweder die Kinder oder die Enkelkinder das erben können. Oder die Kinder ihre Mutter nochmal pflegen, oder in der Klappse besuchen und all das sind ja keine besonders wünschenswerte Aspekte. Abgesehen davon, mit einem finaziell nicht besonders gut gestellten ägyptischen Ehemann ist es auch nochmal schwieriger, wenn die Haupternährerin wegfällt.

Wenn Du ein Tier wärst, welches wärst Du?
Mein erster Freund hat immer als Spitzname  “Tier” zu mir gesagt und hat es nicht genauer definiert. Mein bester Freund sagt bis heute noch Tiger zu mir. manchmal wäre ich gerne etwas ganz dickes gemütliches und manchmal etwas ganz schnelles schlankes. Vielleicht bin ich auch ein Kamel, denn die haben riesen große Wasserrervoirs und können Stunden und Tage und Wochenlang durch die Wüste wandern. Das paßt auch gut zu meinem Mann, denn der ist der dazu passende Kameltreiber.

Ist dein Mann Deine große Liebe?

Ja, ist er! Das ist sehr verwunderlich. Aber das ist so, den ich bin nämlich mutiert, von einer Frau die nichts anbrennen läßt und eher "Leckerlies sammelt" und sich auf garkeinen Fall festlegen will, Hauptsache kunterbunt durch die ganze Welt, zu einer ganz braven treuen Ehefrau freiwillig. Also muß er meine große Liebe sein.

Wie oder wo ergänzt ihr euch?
Ergänzen ist gut. Wir ergänzen uns auf jeden fall. In unserem Fall paßt gleich und gleich gesellt sich gern nämlich gar nicht. Noch bevor ich ihn traf und auch noch bevor dieses berühmte Buch da erschienen ist, “Ich bin nämlich Trendsetter”, habe ich beim Universum bestellt. Einen Mann der mich umrahmt, der mein Rahmen ist, der mich läßt wie ich bin, mich erträgt, geduldig ist und liebevoll hinter mir steht, und genau das ist seine Stärke. Das kann er. Besser als sonstwer und ich bin im Gegen­zug die langmütige, potente Ehefrau, die er wieder braucht.


War es Liebe auf den ersten Blick?
Also es war interesse auf den ersten Blick. Ich habe ihn gesehen, während ich gerade mein Diplom am machen war und hatte keine Zeit und habe mir das Leckerli für später aufbewahren wollen. Am Tag meines Diploms, war mir das feiern abends nicht genug und ich bin wieder in sein Lokal gegangen, habe ihn mitgenommen und das sollte ein one-night-stand werden. Jetzt sind wir verheiratet-seit 31/2 Jahren.

Wenn Du eine Zeitreise machen könntest, wohin würde die Reise gehen, und warum?
Also, sie würde auf jeden Fall zurück gehen in eine Zeit , wo meine leibliche Großmutter väterlicherseits, noch fidel und am Leben war, denn ich habe sie leider niemals richtig kennengelernt und mich würde sehr interessieren, also ich würde gerne selber erleben wie sie war, denn von ihr habe ich erwiesenermaßen ganz viel, nicht zuletzt auch meine Manische-Depression geerbt. Dann würde ich natürlich auch gern noch mal, in die Zeit reisen, als Hermann Hesse seine schönsten Romane geschrieben hat und mit ihm darüber plaudern.

Hast Du irgendwelche Vorbilder oder Idole?

Ja, ein großes Idol, im Sinne von Idol, da könnte ich einen “Backstreetboys -Schreianfall” bekommen und das schöne ist, ich habe ihn sogar neulich zum Flughafen fahren dürfen und er hat sich Stundenlang von mir verabschiedet und mich vollgequatscht. Er ist ein noch recht unbekannter Tänzer namens “Torombo”, bei dem ich regelmäßig glasige Augen bekomme. Und die ihn und mich kennen sagen auch, ich tanze schon wie er. Er ist auch nicht so hübsch oder erotisch, aber ich liebe ihn wegen seines Tanzes...

Was waren früher deine Ziele, und was sind sie heute?
Früher war mein Ziel, als Künstlerin zu leben und zwar sowohl als Tänzerin, als auch als bildende Künstlerin oder Grafikerin. Beides habe ich als Kind beschlossen und heute realisiert. Außerdem wollte ich noch Schauspielerin und Diva werden. Diva bin ich schon und was sonst nicht ist, kann ja noch werden. Das heißt, meine Ziele sind heute eher so die gleichen geblieben. Inzwischen hätte ich alles gerne in größeren Dimensionen und mehr Ruhm und mehr Geld. Konkrete Ziele habe ich mir Anfang diesen Jahres in einem eher mehr manisch angehauchten Überflug gesetzt und zwar wollte ich ein Buch schreiben, über mich, als Manisch-Depressive und mehr, ich wollte zur Buchmesse gehen und Verleger aufreißen. Ich wollte außerdem, wie die letzten Jahre nach Sevilla fliegen und über Flamenco schreiben und ich wollte meine eigene Firma auf machen. Schmerzlich ist, das ich dieses Jahr lernen mußte, daß Rom nicht an einem Tag gebaut wurde und ich wollte wohl Rom bauen. Das Buch liegt im Moment auf Eis. Vielleicht mache ich es nochmal irgendwann. Die Firma will ich noch machen, aber vielleicht fange ich erstmal kleiner an. In Sevilla war ich nicht, aber ich schreibe trotzdem seit diesem Jahr Flamenco Artikel.

Wie wichtig ist Dir Luxus?
Luxus ist geil! Ich kann mir Luxus schwer wieder abgewöhnen. Ich kann schwer auf meinen neuen Golf verzichten, schwer auf mein Handy, schwer auf meine Computer. Ich mußte mir schon das viele schöne Reisen und Fliegen abgewöhnen, das war sehr schmerzlich und es tut immer noch weh. Denn früher konnte ich mal billig fliegen, jetzt nicht mehr. Den Kühlschrank immer voll haben, und nicht immer überlegen, was man kauft und wie viel das kostet, ist auch sehr angenehm.

Gibt es Luxus auch im immateriellen Bereich?

Klar! Immer jemanden haben, der für einen da ist, wenn man das gerne hätte, ist schon Luxus. Zeit ist auch Luxus, ganz viel Zeit haben und sich aussuchen können, was man tut, und wann man was tut und nur noch Dinge tun die man tun will. Das ist Luxus!

Auf was könntest Du am wenigsten Verzichten?
Auf meine liebsten Mitmenschen könnte ich schon am wenigsten verzichten und auf eine gut Gesundheit und einen funktionierenden Körper kann ich auch am aller wenigsten verzichten. Ich glaube, wenn es hart auf hart kommt, kann man auf vieles verzichten.

Welche drei Sachen würdest Du mit auf eine einsame Insel nehmen?

Also, wenn Menschen auch erlaubt sind, dann würde ich gerne meinen Mann mitnehmen. Ja, den würde ich auf jeden Fall gerne mitnehmen dann wäre ich nicht so allein und langfristig ist er mir so der liebste um mich rum, mit dem kann ich auch am meisten anfangen, weil es mein Mann ist.…Ich würde wahrschinlich mein Tagebuch auch mitnehmen, damit ich immer was aufschreiben kann, also Tagebuch und Stift gehören zusammen. Buch mitnehmen finde ich zwar ansich eine schöne Sache aber das ist ja schnell ausgelesen, also das schon mal nicht. Musik, aber immer die gleichen Lieder ist ja auch doof. Vielleicht ein Musikinrument, oder ein Radio, müsste halt Empfang haben auf der Insel.

Ich weiß das Du einiges Sammelst, wie bist Du dazu gekommen?

Haben, haben, haben… Eigentlich finde ich Sammelleidenschaft doof – wenn jemand ganz gezielt Briefmarken sammelt zum Beispiel. Aber mir ist es einfach so passiert und wenn ich schon 2 Sachen habe, ist es schon eine kleine Sammlung und dann kommt das 3. dazu und dann sammel ich es. So geht’s mir mit Weckern, mit Schuhen oder wenn ich nicht mehr aufhören kann mir immer neues zuzulegen, obwohl ich schon genügend habe, ist das auch eine Sammlung, also bei Schuhen, Hüten, Lampen, Kamelen. Manchmal kriegen es Leute mit und ich krieg sie entsprechend geschenkt, aber so ganz gezielt ist es nicht, funktioniert es nicht.

Was hat es mit dem Stoffaffen auf sich?
Ja, also die Judith ist bestimmt so alt wie ich, zu mir ist sie gekommen, da war ich 1, aber da war sie bestimmt auch schon 1 weil sie ja vorher in der Spielzeugfabrik schon geboren wurde. Und da hat sie halt auch auf mich gewartet und seit dem sind wir zusammen und unzertrennlich waren kaum eine Nacht getrennt, überall zusammen verreist. Die hat schon viele Männer kennengelernt wurde niemals verbannt und vor 2 Jahren Schönheitsoperiert, für teuer Geld in der Plüschtierchirurgie. Für den Bart mußte ein weißer Plüschelefant von der Tankstelle dran glauben, der hatte noch keine Seele.
Judith gehört zu mir, mein Vater wollte sie mal vom Eifelturm schmeißen, ich hätte nie wieder mit ihm geredet. Früher habe ich auch mit ihr geredet, jetzt nur noch selten. Ich schmuse mit ihr, also ich kann ohne sie nur schwer einschlafen, am liebsten meinen Mann in einem Arm und die Judith im anderen. Und ich weine oft mit ihr, die ist schon ziemlich voll geweint und Knutschflecken hat sie auch, weiß nicht genau warum.

Du erwähnst öfter, daß Du eine Diva bist, oder gern eine wärst. Was macht eine Diva aus?

Also äußerlich sagen Freundinnen, daß so Diva Klamotten z.B. Federboa, Kuschelschal, Hüte, lange Mäntel und so ein Kram mir einfach steht. Vom Benehmen, bin ich manchmal gerne selbstverliebt, exaltiert, ich habe es gern, wenn man mir zu Füßen liegt. Laß mich gerne feiern, zu Not feier ich mich halt selbst. So ein paar Allüren, manchmal unsensiblen Veranstaltern gegenüber. Sich aussuchen, was man selber tut, die unangenehmen Dinge andere tun lassen und das alles recht schamlos, das habe ich manchmal gerne und ich glaube ich kann das auch ganz gut. Das sind ja alles mehr negative Sachen. Natürlich  auch wirklich aus gutem Grund bewundert werden, weil großartig einmalig usw.

Wie stehst Du zu Drogen?
Keine Macht den Drogen! Ich hasse Drogen, ich verabscheue sie und manchmal gehen ich soweit, Menschen zu verabscheuen die so schwach sind, da keinen großen Bogen drum zu machen. Ich muß das aber wieder einschränken, weil ich mich ja ganz oft dem Essen gegenüber, oder auch ungesunden Dingen wie Süßigkeiten und Schokolade gegenüber verhalte, wie ein Drogensüchtiger und eben diese eben Mißbrauche wie eine Droge, und von daher kann ich dieses Fehlverhalten schon besser nachvollziehen, finde das auch an mir nicht gut. Was jetzt aber richtige Rauschmittel angeht bin ich sogar persönlich angegriffen und beleidigt, denn das womit ich eingeliefert wurde und was ich jetzt therapiere ist mir angeboren, sprich da konnte ich nun wirklich nichts dafür, ich habe aber Menchen mit ähnlichen Ausprägungen getroffen, und das waren Spätfolgen von ganz normalen Drogenkonsum, für den sie sich freiwillig entschieden haben, Jahre nach ihrer Geburt. Die könnte ich einfach nur nehmen und verhauen. Ich finde das ist Teufelszeug! Meine persönliche Droge ist ganz oft das Tanzen, die persönliche Droge von meinem Vater ist eindeutig der extremsport und alles was man irgendwie so extrem betreibt, das kein Gleichgewicht mehr herrscht. aber ich würde jedem der dazu neigt, irgendsowas zu brauchen raten sich die Seele aus dem Leib zu tanzen, zu schwitzen, zu vögeln und so. Aber kein Koks, kein Kokain noch nicht einmal Haschich, all den ganzen Scheiß den lassen wir besser weg.

Wie hast Du die Einnahme von den starken Medikamenten empfunden?

Furchtbar! Ganz ätzend, das einzige was ich freiwillig nehme weil  ich es einsehe, weil ich mich selber sehr, sehr schlau gemacht habe, und das auch zum einem vielleicht einfach als fakt an­neh­men kann, zum anderen Glauben kann und will, ist das Lithium mir hilft, dauerhaft. Und inzwischen ist es auch so, das ich eine große Angst habe was passiert, wenn ich es nicht mehr nehmen würde, manchmal würde ich es gerne rausfinden, aber wenn das bedeuten würde, das ich wieder extrem in eine Richtung abfahre, würde ich damit sehr viel aufs Spiel setzen also probiere ich es dann lieber doch nicht aus, ob ich ohne Lithium inzwischen auch keine Phasen mehr erlebe oder ob ich das Lithium brauche um mein Gleichgewicht wirklich so zu halten, also um mich dabei selbst zu unterstützen und alle die Dinge die sich meinem eigenen Willen, meinem ganz ureigenen selbstverantwortlichen handeln entziehen sind mir sehr ungeheuerlich und sehr unangenehm und bei Lithium ist es so, das ich schon selbst die Verantwortung übernehmen will aber denke es ist mir noch so eine Unterstützung . Alles weitere, sprich Schlafmittel, oder das was ich in der Klappse bekommen habe Neuroleptika - Ruhigsteller, egal was oder Antidepressiva, versuche ich für mich persönlich so gut wie es geht zu vermeiden und habe das auch seit dem geschafft. Ich würde jedem, der in einer ganz tiefen Depression steckt und da alleine nicht mehr raus kommt auf jeden Fall zu Antidepressiva raten, aber ich bin z.B. in die Klappse gegangen wie ein Roboter und konnte meine Arme nicht mehr beim Gehen mitschwingen und nicht mehr schreiben, und habe gelallt und hatte Gesichtskrämpfe und das ist jetzt nicht unbedingt, ein Wünschenswerter Zustand und auch keiner den ich wieder haben will, also ich will schon Frau über meinen Körper sein.

 

Ich möchte die Fäden in der Hand behalten.



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